Trauer verläuft in Phasen – so denken viele Menschen. Fachkräfte im Bereich Trauer kennen in der Regel mehrere verschiedene Trauerphasenmodelle, sie gehören zur theoretischen Ausbildung. Mit der Realität haben sie jedoch wenig zu tun. Bereits seit mehr als zwanzig Jahren hat die internationale Trauerforschung die Phasenmodelle empirisch widerlegt, doch diese Erkenntnis findet leider nur mühsam ihren Weg in die Praxis. An vielen Stellen sind die Phasen der Trauer weiterhin präsent: in Ratgebern, Filmen sowie den ersten Suchergebnissen einer Internetrecherche zum Stichwort Trauer. Das ist problematisch, da sie Verlustbetroffene, die anders trauern, verunsichern und Leid verschlimmern können.

Das international bekannteste Trauerphasenmodell stammt aus dem Jahr 1969 von der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross. Nach ihr beginnt die Trauerbewältigung mit einer Zeit des Nicht-wahrhaben-Wollens und der Isolierung, gefolgt von Zorn, Verhandeln, Depression und schließlich: die Zustimmung. Es gibt weitere Phasen- und Stufenmodelle (z.B. John Bowlby, Yorick Spiegel), im deutschsprachigen Raum ist vor allem die Theorie von Verena Kast bekannt. Sie identifiziert die Phasen Nicht-Wahrhaben-Wollen, aufbrechende Emotionen, Suchen und Sich-Trennen, neuer Selbst- und Weltbezug.

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Ich konnte mich und meine Verlusterfahrung in keinem der Modelle wiedererkennen. Wenn ich von ihnen las oder hörte, dachte ich: „Bei mir ist das anders. Möglicherweise mache ich etwas falsch …?“

Konzept der Trauer in Phasen ist veraltet

Heute weiß ich: Die Trauerphasenmodelle, egal welcher Ausprägung, existieren in der Realität nicht. Es sind veraltete, theoretische Konstrukte, für die in empirischen Studien keinerlei Belege gefunden werden konnte (siehe z.B. George A. Bonanno: “The Other Side of Sadness” oder trauerforschung.de, weitere Quellen am Ende des Artikels). Zuvor wurden die Theorien schlicht nicht umfassend überprüft.

Die Forschung zeigte vielmehr das Gegenteil: Trauer ist eine höchst individuelle Erfahrung, die verschiedenste Gefühle, darunter auch positive, mit sich bringen kann. Die Art der Gefühle, wie auch die Intensität und Dauer, sind nicht nur von Mensch zu Mensch unterschiedlich, sondern auch bei ein- und demselben Menschen von Fall zu Fall. Wie sich die Trauer zeigt, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die Trauergefühle sind so sehr unterschiedlich, dass es in keinerlei Hinsicht sinnhaft wäre, sie in Phasen einzuteilen. Zu den gewöhnlichen Reaktionen auf einen Verlust gehören beispielsweise auch Formen von sehr geringer oder nicht sichtbarer Trauer.

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Modelle der Trauerphasen können sich negativ auswirken

Forscher:innen und Trauerfachkräfte warnen davor, dass die Phasenmodelle Menschen in die Irre leiten und psychische Schäden verursachen können. George A. Bonanno, Pionier der internationalen Trauerforschung, beschreibt diese Risiken in zwei Richtungen:

Auf der einen Seite laufen gewöhnliche Trauerreaktionen Gefahr, als bedenklich oder krank eingestuft zu werden, da sie nicht den Phasenmodellen entsprechen. Einflüsse von außen können den natürlichen Verarbeitungsprozess stören und verkomplizieren. Dabei muss es sich nicht gleich um ein therapeutisches Eingreifen handeln. Auch bereits skeptische Reaktionen aus dem Bekannten- und Familienkreis oder eine einfache Internetrecherche, die ein mulmiges Gefühl zurücklässt, können sich negativ auf den Betroffenen auswirken. Wer außerdem von Isolieren, Zorn oder Depression (siehe Kübler-Ross) liest und damit eher einen langwierigen oder schweren Trauerverlauf erwartet, für den erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, einen solchen tatsächlich zu erfahren.

Auf der anderen Seite werden laut Bonanno möglicherweise die tatsächlich schwierigen Fälle, die eine spezifische therapeutische Behandlung benötigen würden, übersehen oder nicht ernst genug genommen.

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Wiederkehrende Wellen statt Trauerarbeit

Apropos überholte Vorstellungen: Auch der Begriff der Trauerarbeit, der ursprünglich von Sigmund Freud aus dem Jahr 1917 stammt, und oft im Zusammenhang mit den Trauerphasen verstanden wird, ist heute nicht mehr zu halten. Freud beschrieb die Trauerarbeit als einen harten und notwendigen Prozess, in dem der Hinterbliebene sämtliche Erinnerungen an den Verstorbenen zurück in sein Bewusstsein holen muss, um sie in einem aufwändigen Vorgang aufzuarbeiten. Nach heutigen Erkenntnissen geht man davon aus, dass diese Vorgehensweise keinen Nutzen und womöglich eher Schaden bringen würde, da sie die Beziehung zum Verstorbenen nur noch weiter verstärkt. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass Trauerarbeit nicht mehr im strengen Freudschen Sinne verstanden und angewandt wird, impliziert der Begriff irreführenderweise einen mühevollen Vorgang mit dem Ziel, diesen abzuschließen.

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Die meisten Betroffenen reagieren resilient

Die Forschung weiß: Nur in wenigen Fällen verläuft Trauer in einer schwierigen Form. Die meisten Menschen, die einen Verlust erfahren, reagieren resilient: Ihre innere Widerstandsfähigkeit bringt sie durch die Krise. Zudem hat Trauer kein Enddatum. Sie kommt und geht in Wellenform, mitunter ein Leben lang, und die Wellen schwächen dabei meist immer weiter ab. Bei Verlust und Trauer handelt sich um zutiefst menschliche Erfahrungen – für die wir gemacht und gewappnet sind.

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Quellen und weitere Informationen: 

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